Zitationsvorschlag für Schlüsseltext: Degele, Nina / Winker, Gabriele (2007): Intersektionalität als Mehrebenenanalyse. URL: www.portal-intersektionalität.de [Datum Zugriff]

Intersektionalität als Mehrebenenanalyse

 

von Nina Degele und Gabriele Winker

 

1 Einleitung

Dass Hillary Clinton eine Frau ist, wissen die amerikanischen WählerInnen, dass sie es bei Barack Obama mit einem Schwarzen zu tun haben, ebenfalls. Was das für die us-amerikanische Präsidentschaftswahl 2008 bedeuten wird, ist ungewiss: „Schwarz gegen Frau“ titelte die taz am 18.1.2007. Geht es da noch um das politisch höchste Amt in Amerika? Um den Beweis für die Liberalität Amerikas? Oder um den historischen Testlauf, welche Unterdrückung sich als die noch hartnäckigere entpuppt? Zumindest was die soziale Herkunft angeht, nehmen sich Clinton und Obama nichts: Beide stammen aus der gut situierten Mittelklasse, sind mit ökonomischem, kulturellem und sozialem Kapital großzügig ausgestattet. Bleiben also Rasse1 und Geschlecht als zentrale ungleichheitsgenerierende Kategorien, eben „Schwarz gegen Frau“. Das ist nicht nur politisch und massenmedial trendy. Inzwischen gehört es auch zum guten Ton der Gender und Queer Studies, Ungleichheits- und Unterdrückungsverhältnisse nicht mehr auf die Kategorie Geschlecht zu reduzieren. Eindimensionale Modelle wie „das Patriarchat“ haben zur Beschreibung und Erklärung von Ungleichheiten ausgedient. Geschlecht, Klasse und Rasse gelten in der Geschlechter-, Ungleichheits-, und Migrationsforschung als zentrale Kategorien der Unterdrückung. Die Kategorie Sexualität findet vor allem über die Queer Studies Berücksichtigung. Seit den 1990er Jahren interessieren allerdings zunehmend die Wechselwirkungen zwischen solchen ungleichheitsgenerierenden Dimensionen. Dafür hat sich der Begriff Intersektionalität durchgesetzt: Statt die Wirkungen von zwei, drei oder mehr Unterdrückungen lediglich zu addieren (was schon schwer genug ist), betonen die ProtagonistInnen des Konzepts, dass sie in verwobener Weise auftreten und sich wechselseitig verstärken, abschwächen oder auch verändern können.

Traditionslos ist diese Diskussion nicht. Bereits in den 1970er und 1980er Jahren kritisierten Schwarze Feministinnen das zu enge Verständnis von global sisterhood ihrer Weißen Kolleginnen: Das viel zitierte „Ain´t I A Woman?” aus dem Mund der Schwarzen Sklavin Sojourner Truth im 19. Jahrhundert (vgl. Brah/Phoenix 2004: 75f, Crenshaw 1989) benennt ein zentrales Element und Problem der Intersektionalitätsdebatte: Wer gehört aufgrund welcher Eigenschaften zu unterdrückten sozialen Gruppen? Gesellt sich zum Frausein das Schwarzsein als add-on, oder – und in diese Richtung geht schließlich auch die Diskussion – ist die Existenz verschiedener Unterdrückungsformen anders als additiv zu fassen? Diese Auseinandersetzung fand nicht nur in den USA statt. Auch der deutschsprachige Feminismus diskutierte in den 1980er und 1990er Jahren Unterschiede zwischen Frauen, als theoretisches Konzept indes ist Intersektionalität neu. Dies hat durchaus auch innerwissenschaftliche Gründe, da in vielen sozialwissenschaftlichen Theorien und Analysen rund um Rasse, Klasse, Sexualität und Geschlecht die Grenzen reduktionistischer Ansätze offenkundig werden. Das betrifft nicht nur die Gender und Queer Studies, sondern auch Gesellschaftstheorie, Migrations- und Ungleichheitsforschung. Festzuhalten ist dabei, dass es die Gender und Queer Studies sind, die dieses Problem am nachhaltigsten auf die Agenda setzen. Das wiederum liegt daran, dass sie die Kategorie Geschlecht (die Leitkategorie ihres wissenschaftlichen Selbstverständnisses) in einer Weise hinterfragen, erschüttern und kontextualisieren, wie keine andere Disziplin sonst mit ihrem theoretischen Grundbestand umgeht (vgl. Feministische Studien 1993).

So ist das Konzept der Intersektionalität auf dem besten Weg, zu einem neuen Paradigma in den Gender und Queer Studies zu avancieren. Zwar sind in der Fassung, wie es seit einigen Jahren in die deutschsprachige Diskussion sickert, vor allem Wechselwirkungen zwischen den ungleichheitsgenerierenden Kategorien Geschlecht, Klasse und Rasse gemeint; Kategorien wie Sexualität, Alter, (Dis)Ability, Religion oder Nationalität sind aber prinzipiell integrierbar. Ziel ist dabei die umfassendere theoretische und vor allem empirische Analyse, welche Bedeutung verschiedene Differenzkategorien bei Phänomenen und Prozessen unterschiedlichster Art haben. Zur Konkretisierung dieses bislang nur rudimentär ausgearbeiteten Theorieansatzes schlagen wir mit unserem Konzept der Intersektionalität als Mehrebenenanalyse Erweiterungen, Differenzierungen und Präzisierungen in verschiedenerlei Hinsicht vor. Dazu treffen wir in Bezug auf Untersuchungsebenen und Kategorien einige theoretische (Abschnitt 3) und methodologische (Abschnitt 4) Entscheidungen. Wir konkretisieren sie anhand sozialer Praxen von Individuen, die sich auf Erwerbsarbeit, Reproduktion und Erwerbslosigkeit beziehen, um daraufhin Gewinn und Perspektiven intersektionaler Argumentation für politisches Handeln zu skizzieren (Abschnitt 5). Zunächst aber einige Bemerkungen zur bisherigen Diskussion rund um Intersektionalität.

 

2 Stand der Forschung: Wie viele Kategorien, welche Ebenen?

Die Berücksichtigung mehrerer Kategorien gehört inzwischen zum common sense:

„We cannot study gender in isolation from other inequalities, nor can we only study inequalities' intersection and ignore the historical and contextual specificity that distinguishes the mechanisms that produce inequality by different categorical divisions” (Risman 2004, 443).

Offen ist dabei allerdings, wie viele und welche Kategorien sinnvollerweise Berücksichtigung finden sollen: Sind es die drei Kategorien Geschlecht, Klasse, Rasse, wie es die klassisch zu nennende Debatte nahe legt (vgl. Anthias 2001, Klinger 2003, Knapp 2005, McCall 2005)? Dafür spricht beispielsweise, dass mehr als drei Kategorien zumindest auf der Ebene sozialstruktureller Analysen kaum zu bewältigen sind. Allerdings fehlt eine schlüssige theoretische Begründung, warum gerade die Faktoren Rasse, Klasse und Geschlecht die zentralen Linien der Differenz markieren sollen. Das gilt umso mehr, da der US-amerikanische Zusammenhang, aus dem dieses Konzept stammt, aufgrund seiner historischen Besonderheit keineswegs auf westeuropäische und/oder deutsche Verhältnisse umstandslose zu übertragen ist (vgl. Dietze 2001, Rommelspacher 1999). Andere WissenschaftlerInnen plädieren für die Zusammenführung von zumindest vier Kategorien, weil etwa Sexualität in der Analyse nicht fehlen dürfe (Verloo 2006, Weber 2001). Was ist dann aber beispielsweise mit den Dimensionen Alter, Religion, Attraktivität? Oder sind es gar 13 Linien der Differenz2, wie es Helma Lutz und Norbert Wenning (2001) zur Analyse von Interaktionen in Kleingruppen nahelegen? Wann sind welche Kategorien in welcher Form bedeutsam?

Nicht nur der Auswahl der relevanten Kategorien haftet etwas Beliebiges an, völlig offen ist darüber hinaus, wie die Überschneidung dieser Kategorien zu denken ist:

„Beides, die Definition der Eigentümlichkeit bzw. Eigenständigkeit der jeweiligen Verhältnisse von Race/Ethnicity, Class, Gender und die Bestimmung ihres Zusammenhangs muss zugleich erfolgen. Das stellt methodologisch und gesellschafts(theoretisch) ein Novum dar“. (Knapp 2006: 12).

Bezüglich dieser Herausforderung sind die Gender und Queer Studies (gleiches gilt für die Gesellschaftstheorie und beispielsweise auch für die Ungleichheitssoziologie) über Absichtserklärungen hinaus allerdings keinen entscheidenden Schritt vorangekommen. Eine gesellschaftstheoretische Einbettung von mehreren „Achsen der Ungleichheit“ bzw. „Achsen der Differenz“ (Klinger/Knapp 2005) steht noch aus, das haben GeschlechterforscherInnen unterschiedlichster Provenienz inzwischen unisono als ein zentrales theoretisches Defizit erkannt und benannt.

Dass dieses Problem bislang nicht gelöst ist, liegt nicht nur am Zuschnitt, der Bedeutung und dem Geltungsraum der jeweiligen Kategorien. Mindestens ebenso wichtig und unterbelichtet erscheint uns die Unterscheidung von verschiedenen Untersuchungsebenen. Darüber besteht noch weniger Einigkeit als hinsichtlich der Kategorien. Das liegt daran, dass bislang noch kaum jemand die Bedeutung und die Reichweite des eigenen Ansatzes zu anderen Zugängen in Beziehung setzt und reflektiert sowie andere Untersuchungsebenen berücksichtigt. Genau darauf aber kommt es an und deshalb schlagen wir einen Mehrebenenansatz auf der Grundlage folgender Unterscheidung vor: gesellschaftliche Strukturen inkl. Institutionen (Makroebene), interaktiv hergestellte Prozesse der Identitätsbildung (Mikroebene) sowie kulturelle Symbole (Repräsentationsebene). Diese drei Ebenen sind keineswegs neu. Vielmehr sind die theoretischen Erkenntnisse von der Frauenforschung über die Geschlechterforschung bis hin zu den Queer Studies in den letzten 40 Jahren dort zu verorten, allerdings meist nur auf jeweils einer Ebene. Ähnlich verhält es sich mit Intersektionalitätsansätzen, die meistens auf eine, maximal zwei Untersuchungsebenen fokussieren. Falsch ist das nicht, aber eben begrenzt: So plädieren etwa Gudrun-Axeli Knapp (2005) und Leslie McCall (2005) dafür, das Problem der Intersektionalität auf der strukturellen Makroebene zu präzisieren. Knapp (2005: 75) fragt danach, wie „Geschlechter-verhältnisse/heteronormative Sexualität, Klassenverhältnisse und Konfigurationen von Ethnizität und Race/racism in der Sozialstruktur und in der institutionellen Verfasstheit einer gegebenen Ökonomie und Gesellschaft, im nationalen wie im transnationalen Kontext verbunden“ sind. Die Begründung für diesen strukturtheoretischen Blick gibt Cornelia Klinger:

„Es ist sinnlos, auf die sich überlagernden oder durchkreuzenden Aspekte von Klasse, Rasse und Geschlecht in den individuellen Erfahrungswelten hinzuweisen, ohne angeben zu können, wie und wodurch Klasse, Rasse und Geschlecht als gesellschaftliche Kategorien konstituiert sind.“ (Klinger 2003: 25)

Knapp und Klinger fordern mit anderen Worten ein konsequent gesellschaftstheoretisch angelegtes Vorgehen. Entsprechend kritisieren sie dann auch die Konzentration intersektionaler Studien auf die Identitätsebene. Dieser Vorwurf trifft etwa die aus dem doing gender-Paradigma hervorgegangenen Ansätze zu doing difference (West/Fenstermaker 1995, Fenstermaker/West 2001). Diese lassen die Strukturebene weitgehend außer Acht. Denn sie konzentrieren sich explizit auf Interaktionen auf der Mikroebene, wo es um die Erfahrungen von Subjekten und damit verbundene Identitätskonstruktionen geht. Sarah Fenstermaker und Candace West etwa versuchen, „die Verknüpfung von Klasse, Geschlecht und Ethnie konsequent aus einer ethnomethodologischen Perspektive zu beschreiben: Geschlechts-, Klassen- und ethnische Unterschiede werden in Interaktionsprozessen simultan erzeugt und resultieren in westlichen Gesellschaften in vielfältigen Formen sozialer Ungleichheit, Unterdrückung und Herrschaftsverhältnissen.“ (Fenstermaker/West 2001: 236) Vor dem Hintergrund der Begrenztheit eindimensionaler Zugänge ist es kein Zufall, dass in der Soziologie sozialtheoretische Ansätze populär geworden sind, die zwischen structure und agency, zwischen Struktur- und Identitätsebene zu vermitteln versuchen. Pierre Bourdieus Habitustheorie (1976) und Anthony Giddens’ Theorie der Strukturierung (1988) sind dafür sicherlich die populärsten Beispiele.

Aber auch eine solche Verbindung reicht für eine intersektionale Analyse nicht aus. Denn es fehlt ein Konzept, wie Normen, Werte, Ideologien, Diskurse sowohl Strukturen wie auch Identitäten beeinflussen und umgekehrt. Auf einer solchen dritten Ebene der symbolischen Repräsentationen bewegen sich poststrukturalistische und diskurstheoretische Ansätze. Sie kritisieren die Eingrenzung auf einzelne Differenzkategorien und bezweifeln, ob es überhaupt möglich ist, mit bestimmbaren (Identitäts-)Kategorien zu arbeiten. So fordert Judith Butler (1990) dazu auf, aus dem Ende aller Aufzählung mit dem üblichen „etc.“ zu lernen:

“Theories of feminist identity that elaborate predicates of colour, sexuality, ethnicity, class and able-bodiedness invariably close with an embarrassed ‘etc.’ at the end of the list. Through this horizontal trajectory of adjectives, these positions strive to encompass a situated subject, but invariably fail to be complete. This failure, however, is instructive: what political impetus is to be derived from such exasperated ‘etc.’ that so often occurs at the end of such lines?” (Butler, 1990: 143)

Betrachtet man diese Ansätze für sich alleine, gibt es also nicht nur Probleme mit der Nutzung von Kategorien. Darüber hinaus fehlt auch die Anbindung diskursiver Praxen an Strukturen, die sich mit vorgängigen sozialen Praxen materialisiert haben und wiederum Diskurse und Identitäten beeinflussen. Das geschieht bislang kaum. Butler (1990) und Bredström (2006) etwa vernachlässigen in ihren Forderungen nach einem intersektionalen Vorgehen die Ebene sozialer Strukturen und auch interaktiver Handlungen, die nicht in Sprache aufgehen. Bei den sozialstrukturellen Ansätzen von McCall (2005) und Acker (2006) dagegen finden Normen und Ideologien nur unzureichend Berücksichtigung. Und Risman (2004) plädiert zwar vehement für die Integration dreier Ebenen, nur sind es nicht die richtigen: Neben Identität und Struktur finden individuelle Geschlechterunterschiede Eingang in die Typologie, die aufgrund ihrer individualistischen Verengung nun gerade keinen weiterführenden Erkenntnisgewinn verspricht. Die Ebene der symbolischen Repräsentation dagegen fehlt. Eine intersektionale Analyse aber sollte keine theoretischen und methodologischen Verkürzungen mitführen.

 

3 Theoretische Perspektive

Deshalb berücksichtigen wir im Anschluss an Sandra Harding (1991: 53ff.) alle drei Ebenen – Gesellschaftsstrukturen, Identitätskonstruktionen und symbolische Repräsentationen – in nicht-additiver Weise. Wenn wir im Folgenden auf diesen drei Ebenen verschiedene Differenzkategorien herausarbeiten und darstellen, heißt das allerdings nicht, dass alle identifizierten Kategorien gleich wichtig sind. Die Relevanz der Kategorien hängt nämlich zum einen vom Untersuchungsgegenstand ab, zum anderen von der jeweiligen Untersuchungsebene. Uns erscheint es deswegen sinnvoll, soziale Praxen, d.h. Prozesse in Form von Interaktionen und Handlungen in den Blick zu nehmen und die dort vorfindbaren Differenzierungskategorien vor allem in ihren Wechselwirkungen zu untersuchen. Auf dieser Grundlage können wir analysieren, in welche Strukturen (inkl. Institutionen) und symbolischen Kontexte die sozialen Praxen eingebunden sind, wie sie Identitäten hervorbringen und verändern. Genau das soll eine Intersektionalitätsanalyse leisten. Natürlich werden sich Wechselwirkungen bzw. der Zusammenhang von Kategorien sehr unterschiedlich gestalten, je nachdem, welche Untersuchungsebene im Vordergrund steht. Dennoch besteht die eigentliche Herausforderung darin, die Wechselwirkungen unterschiedlicher Kategorien auf den drei benannten Ebenen in den Blick zu bekommen und ins Zentrum der Analyse zu stellen.

Bei unseren Überlegungen gehen wir von einer kapitalistisch strukturierten Gesellschaft mit der grundlegenden Dynamik ökonomischer Profitmaximierung aus. Die kapitalistische Akkumulationslogik hält – trotz aller empirisch zu beobachtenden Widersprüche – noch immer eine sich selbst reproduzierende und perpetuierende Struktur aufrecht. Dies hat für eine intersektionale Analyse Auswirkungen in mindestens dreierlei Hinsicht:

  1. Reproduktion der Arbeitskraft (Struktur): Voraussetzung für die Aufrechterhaltung kapitalistisch strukturierter Gesellschaften ist neben der Aufrechterhaltung der sozio-ökonomischen Verhältnisse und der Wiederherstellung der Produktionsmittel auch die Reproduktion der Arbeitskräfte. Dies soll möglichst kostengünstig erfolgen, zumal Institutionen wie die Welthandelsorganisation oder der Internationale Währungsfond Handelsbarrieren weitgehend abbauen, damit einen ungehinderten Zugang von Waren und Kapital zu den weltweiten Märkten erzwingen und der Druck auf die Realisierung hoher Profite steigt. Eine solchermaßen „radikalisierte kapitalistische Marktökonomie“ (Kreisky 2001: 38) erfordert den kurzfristigen Zugriff auf geeignete, passend qualifizierte und flexible Arbeitskräfte zu möglichst geringen Löhnen, ohne dass für deren Reproduktion und Bereitstellung zu hohe Kosten entstehen. Dies gelingt vor allem über die Auslagerung unbezahlter Reproduktionsarbeit an Frauen in Familien – möglichst zusätzlich zur ihrer Erwerbsarbeit – und damit über die Differenzierungskategorie Geschlecht (vgl. Winker 2007). Aber auch – darauf gehen wir noch ein – die Kategorien Klasse, Rasse und Körper differenzieren und regeln den Zugang zum Erwerbsarbeitsmarkt, die ungleiche Verteilung von Löhnen und Gehältern sowie die möglichst kosten-günstige Reproduktion der Arbeitskraft.
  2. Symbolische Reproduktion der sozio-ökonomischen Verhältnisse (Repräsentationen): Das kapitalistische Grundprinzip stellt insofern ein „absurdes System“ dar (Boltanski/Chiapello 2003: 42), als die ArbeitnehmerInnen die Eigentums- und Verfügungsrechte an den Produkten ihrer Arbeit an KapitalistInnen und ManagerInnen verlieren. Gegen den Vorwurf der Ungerechtigkeit bedarf es deshalb einer ideologischen Rechtfertigung (ebd.: 54). Warum sollten Erwerbstätige trotz geringen individuellen Nutzens und nur minimaler Sicherheit bis zum Umfallen arbeiten? Damit erhalten Normen, Ideologien und Repräsentationen den Status hegemonial abgesicherter Begründungen, und diese wiederum beruhen auf naturalisierenden und/oder hierarchisierenden Bewertungen auf der Grundlage vielfältiger Differenzkategorien. Solche Repräsentationen wie auch Strategien ihrer Rechtfertigung gilt es zu identifizieren, an die Mikroebene von Identitäten und die Makroebene von Strukturen zu binden und in ihren Wechselwirkungen sichtbar zu machen.
  3. Verunsicherung der sozialen AkteurInnen (Identitäten): Die Reproduktion der Arbeitskräfte ist nicht nur für die kapitalistische Akkumulationslogik überlebenswichtig, sie ermöglicht und erzwingt auch die Absicherung der Lebensgrundlage aller einzelnen. In einer kapitalistischen Gesellschaft geschieht dies primär durch den Verkauf der eigenen Arbeitskraft oder aber durch familiäre bzw. sozialstaat-liche Transferzahlungen. Alle drei Wege der eigenen Lebensabsicherung sind mit vielfältigen Unsicherheiten verbunden. Hohe Erwerbslosenquoten und prekäre Beschäftigungsverhältnisse sowie Lohnkürzungen und die Reduktion wohlfahrtsstaatlicher Ausgleichzahlungen führen für viele zu erhöhter Verunsicherung – die mitunter auch neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen können. Um Verunsicherungen zu bewältigen, grenzen sich Individuen mit Hilfe von Differenzierungskategorien ab und schaffen Zugehörigkeiten (Wohlrab-Sahr 1992). Das schlägt sich in „Verortungsarbeit“ nieder, die wir auf der Identitätsebene empirisch rekonstruieren können.

Auf allen diesen Ebenen spielen Differenzierungen, Naturalisierungen und Hierarchisierungen eine zentrale Rolle. Denn auf der Grundlage von Differenzkategorien konstruieren Individuen unterschiedlichste Identitäten und reproduzieren verschiedenartige symbolische Repräsentationen und damit gleichzeitig materialisierte Strukturen. Geschieht dies unter Rückgriff auf Naturalisierungen, dockt dies ebenso an vermeintlich sicheres wissenschaftliches wie auch an Alltagswissen an, verleiht Identitäten, Strukturen und Repräsentationen zusätzliche Glaubwürdigkeit und festigt letztlich die Reproduktion des Gesamtsystems. Bei dieser Diagnose gehen wir von der Annahme aus, dass allen Differenzkategorien die Regulation der kapitalistischen Akkumulationslogik – ihre Stabilisierung und auch De-Stabilisierung – gemeinsam ist, auch wenn sich deren jeweils einzelne Bedeutung und inhaltliche Ausrichtung historisch verschiebt. Im Folgenden begründen wir die Auswahl der von uns je nach Untersuchungsebene unterschiedlich gewählten Kategorien. Wir beginnen mit der Identitätsebene, stellen dann die Kategorien auf der Strukturebene dar und enden mit der Repräsentationsebene.

3.1 Identitätsebene

Auf die Verwobenheit von Kategorien verweist der doing difference Ansatz, nämlich dass Geschlecht „gleichzeitig mit Ethnie und Klasse entsteht und wirkt. Erst wenn man die Konstruktion von Geschlecht, Klasse und Ethnie als simultane Prozesse begreift, wird es möglich zu erkennen, dass die Relevanz dieser Ordnungsmuster je nach Interaktions-Kontext variieren kann.“ (Fenstermaker/West 2001: 237) Dies muss allerdings auch Prozesse des Undoing Difference einschließen, wie es Hirschauer (2001) oder Deutsch (2007) für Prozesse des Undoing Gender aufgezeigt haben. Denn Identitätskategorien, also Kategorien, die ein Verhältnis zu sich selbst bestimmen (vgl. Maihofer 2002: 25) können für Individuen in bestimmten Lebenssituationen auch keine oder eine nachgeordnete Rolle spielen. Aufgrund fortschreitender Individualisierungsprozesse macht es dabei freilich keinen Sinn, die Kategorien auf Geschlecht, Klasse und Ethnie zu begrenzen.3 Als Konsequenz muss ein Intersektionalitätsansatz die Anzahl der für die Analyse zur Verfügung stehenden und erforderlichen Kategorien auf dieser Untersuchungsebene prinzipiell offen halten. Dies ist durch ein induktives Vorgehen im Sinne gegenstandsbezogener Theoriebildung (Grounded Theory) möglich.

Dabei gehen wir von der Analyse aus, dass in der Spätmoderne und noch zugespitzter unter derzeitigen neoliberalen Vorzeichen Differenzierungen an Stabilität verlieren und unterschiedlichste Brüche und Widersprüche zu beobachten sind. In dieser Situation versuchen Individuen, mit verstärkten Rückgriffen auf traditionelle und/oder neuartige Differenzierungslinien durch Abgrenzung von Anderen Unsicherheiten zu vermindern und eigene Sicherheiten zu erhöhen. In der Auseinandersetzung mit dem Alltag von erwerbslosen Personen haben wir folgende Kategorien entwickelt, die sie zur Identitätskonstruktion verwenden:4 Arbeit, Einkommen/Vermögen, Bildung, Soziale Herkunft/Familie/Soziale Netze, Generativität, Geschlechtszuordnung, sexuelle Orientierung, nationalstaatliche Zugehörigkeit, Ethnizität, Region, Religion/Weltanschauung, Alter, körperliche Verfasstheit/Gesundheit, Attraktivität.

So hängt der Zugang zum Erwerbsarbeitsmarkt von Kompetenzen wie Bildung und das Eingebundensein in soziale Netze ab, gleichzeitig aber auch von individuellen Zuschreibungen wie „zu alt“ oder „ethnisch nicht passend“. Bei einem daran geknüpften Kampf aller gegen alle indes bleibt die Orientierung auf einen gut dotierten und sicheren Erwerbsarbeitsplatz stabil. Gleichzeitig nimmt der Druck von den derzeit Beschäftigten auf die Erwerbslosen oder prekär Beschäftigten zu. Dies gilt für (vermeintlich) weniger flexible Personen wie beispielsweise Mütter kleiner Kinder, aber auch für die Abwertung von Ausgegrenzten ohne nationalstaatlich abgesicherte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. So haben vor allem rassistische Ausgrenzungspraxen entlang den Kategorien nationalstaatliche Zugehörigkeit, Ethnizität und Religion an Bedeutung gewonnen: Der Prozess der „Rassifizierung“ basiert auf einer asymmetrischen Bezeichnungspraxis (Singer 1997: 45), bei der die Bezeichnenden sich selbst als Maßstab einbringen (z.B. Christen und Heiden, Zivilisierte und Wilde, oder eben Deutsche und Ausländer). Die beiden Seiten sind aufeinander verwiesen, die Konstitution des Selbst erfolgt über die Abgrenzung von Anderen mit dem Ergebnis, dass Letztere sich selbst als Andere wahrnehmen (Hall 1994: 30).

Die Definition von Zugehörigkeit und Konstruktion von Identität ist freilich nicht auf Ausgegrenzte beschränkt. Auch „Integrierte“ gewinnen durch den Aufbau und die Pflege sozialer und familiärer Netze Sicherheit (vgl. Boltanski/Chiapello 2006). Die sich wandelnde Bedeutung von Geschlechterzuordnungen und sexuellen Orientierungen demonstriert vielleicht am eindrücklichsten die Notwendigkeit von Sicherheitskonstruktionen bzw. -fiktionen. Denn einerseits sind die Optionen vielfältiger geworden: Geschlechtswechsel wie auch ein Leben zwischen Geschlechtern sind grundsätzlich möglich, homosexuelle Lebensformen gehören zumindest in Westeuropa weitgehend zum gesellschaftlich akzeptierten Tatbestand. Gayle Rubins (2003) vor 20 Jahren noch zutreffende Theorie der sexuellen Stratifizierung mit plakativen Gegenüberstellung „guter“ (= gegengeschlechtlicher) Sexualität unter Verheirateten versus „schlechter“ (= gleichgeschlechtliche) Sexualität (und/oder zwischen Transsexuellen, Trans-vestiten, FetischistInnen, SM-Praktizierenden, SexarbeiterInnen, PornodarstellerInnen) stimmt in dieser Schärfe nicht mehr. Und auch wenn es nach wie vor männlich und weiblich konnotierte Berufe gibt, kann man nicht mehr von einer durchgehenden geschlechtshierarchischen Arbeitsteilung in der Erwerbsarbeit sprechen.

Gleichzeitig verweist die Kategorie Generativität sowohl auf eine virulente Spaltung zwischen Müttern und Nicht-Müttern wie auch zwischen Müttern und Vätern auf dem Arbeitsmarkt. Gerade wenn Menschen in familiären Zusammenhängen Kinder erziehen, sind geschlechtliche und sexuelle Identitäten in ihren Handlungspraxen durch massive Widersprüche geprägt, wie sie Angelika Wetterer (2003) treffend mit dem Begriff der rhetorischen Modernisierung belegt. Beispielsweise gilt es nicht mehr als politisch korrekt, wenn Frauen den Beruf aufgeben, sobald ein Paar ein Kind erwartet. Deswegen verkaufen Frauen heute – und das ist Teil der Rhetorik – ihre Entscheidungen als Ergebnis freier Wahl und nicht von Zwang, auch wenn bei der Teilung der Hausarbeit vor allem in den individualisierten Milieus unter dem Strich alles beim Alten bleibt (Koppetsch/Burkhard 1999). Auch wenn bei einer traditionelleren Rollenverteilung doch wieder vor allem Frauen die schlechteren Karten ziehen, suchen Individuen einen Gewinn von Sicherheit in unsicheren Zeiten auch und vor allem in vermeintlich Bewährtem und damit in heteronormativen institutionalisierten Beziehungsformen – die hohen Wiederverheiratungsquoten nach Scheidungen sprechen dafür.

Auch körperliche Zuschreibungen über Kategorien wie Alter, Leistungsfähigkeit, Gesundheitszustand und Attraktivität gewinnen in neuer Form an Bedeutung. Bei Verunsicherungen auf allen Ebenen wächst der Druck, das wichtigste Produktionsmittel, das ein Mensch zur Reproduktion seiner Arbeitskraft und damit zur eigenen Lebensabsicherung einsetzen kann, zu tunen. Es kommt zu extremer Eigenverantwortung für die umfassende körperliche Leistungsfähigkeit und damit verbunden das Aussehen, das möglichst jung und attraktiv zu sein hat. Deutlich wird dies darin, dass eine wachsende Anzahl von Menschen mit viel Zeit, Energie und Finanzmittel versucht, ihren Körper fit, gesund und attraktiv zu halten, wie es etwa in der Zunahme von Fitnessangeboten und Schönheitsoperationen sichtbar wird (vgl. Sobiech 2004).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es bei Identitätskonstruktionen entlang verschiedenartiger Differenzkategorien erstens um die Verminderung von Unsicherheiten in der eigenen sozialen Positionierung durch Ab- und Ausgrenzung von anderen, und zweitens um die Erhöhung von Sicherheit durch Zusammenschlüsse und eine verstärkte Sorge um sich selbst geht – womit Individuen nicht nur selbst nach Absicherung (zu) streben (versuchen), sondern auch ein umfassendes und vielfältiges Differenzie-rungssystem aufrechterhalten.

3.2 Strukturebene

Im Gegensatz zur Identitätsebene, auf der wir Kategorien zur Identitätsbildung induktiv aus der Untersuchung sozialer Praxen ableiten und die Anzahl dieser Kategorien grundlegend offen halten, legen wir uns auf der Strukturebene auf Kategorien fest. Mit der Wahl von vier Strukturkategorien – Klasse, Geschlecht, Rasse, Körper – schließen wir eher zufällig an Donna Haraways (1991) Aufforderung an, doch endlich mal auf vier zu zählen.5 Wir gehen davon aus, dass sich in kapitalistisch organisierten Gesellschaften die grundlegenden strukturellen Herrschaftsverhältnisse anhand von vier Strukturkategorien Klasse, Geschlecht, Rasse und Körper bestimmen lassen. Diese Differenzierungen verteilen die verschiedenen Arbeitstätigkeiten ebenso wie die vorhandenen gesellschaftlichen Ressourcen ungleich auf verschiedene Personengruppen. Mit diesen Kategorien lassen sich damit verbundene Ausbeutungs- und Diskriminierungsstrukturen – Klassismus (vgl. Fußnote 6), Sexismus/Heteronormativität, Rassismus und Bodismus – aufzeigen und rekonstruieren.

Warum nun wählen wir gerade diese vier Kategorien? Floya Anthias (2001: 368) etwa begreift gender, ethnicity/race and class als Strukturkategorien von Unterdrückung, weil ungleiche Ressourcenzuordnungen entlang dieser drei Differenzlinien verlaufen. Ähnlich sieht Cornelia Klinger (2003) die Scheidemarke zwischen Differenzen „in ihrer Bezogenheit auf Arbeit“. Danach sind Klasse, Rasse und Geschlecht „nicht bloß Linien von Differenzen zwischen individuellen oder kollektiven Subjekten, sondern bilden das Grundmuster von gesellschaftlich-politisch relevanter Ungleichheit, weil Arbeit und zwar namentlich körperliche Arbeit ihren Existenzgrund und Angelpunkt ausmacht.“ (ebd.: 26) Wir denken zwar nicht, dass andere Differenzlinien wie Sexualität oder nationalstaatliche Zugehörigkeit nur Differenzen zwischen Subjekten darstellen. Auf der strukturellen Ebene können wir dennoch die genannten drei Kategorien auf einer Ebene verorten, weil sich die strukturelle Konstruktion von Sexualität mit dem heteronormativen Geschlechterverhältnis bestimmen lässt; in diesem Sinne fassen wir Geschlechtszuordnung und sexuelle Orientierung unter der Kategorie Geschlecht zusammen.

Um allerdings die wichtigsten Differenzierungskategorien in heutigen kapitalistischen Gesellschaften strukturellen Herrschaftsmechanismen zuordnen zu können, erweitern wir die in den Sozialwissenschaften gängige Dreierkette von Rasse, Klasse und Geschlecht um die Kategorie Körper. Denn sowohl Alter wie körperliche Verfasstheit, Gesundheit und Attraktivität sind in den letzten Jahrzehnten vor allem bezogen auf Arbeit immer bedeutsamer geworden und entscheiden über die Verteilung von Ressourcen. So weist Chris Shilling (2005) in seinen Überlegungen zu einer verkörperten Theorie des Sozialen auf eine bislang vernachlässigte Bedeutung von Körpern hin, nämlich als Mittel der Positionierung von Individuen und der Bildung sozialer Strukturen.

Auf der Strukturebene bestimmen wir also mit den vier Kategorien – Klasse, Geschlecht, Rasse und Körper – die soziale Lage von Gesellschaftsmitgliedern aus ihrer Stellung zum Arbeitsmarkt und ihrer Verantwortung für die Reproduktion der Arbeitskraft. Dies ermöglicht, wie Karin Gottschall (2000: 281) treffend feststellt, „auch die nicht erwerbstätigen erwachsenen Gesellschaftsmitglieder mit eigenständigem Status in die Ungleichheitsanalyse einzubeziehen.“ Damit kommt neben der Erwerbsarbeit auch die Reproduktionsarbeit mit in den Blick. Auch können wir damit die Beziehungen innerhalb der Gruppe der Anbieter von Arbeitskraft analysieren, sofern sie um dieselben Ressourcen konkurrieren (ebd.).

Die vier Strukturkategorien beschreiben Prozesse und Verhältnisse innerhalb der kapitalistischen Akkumulationslogik. Die aus den Strukturkategorien jeweils ableitbaren Herrschaftsverhältnisse sind Klassismus6 für Klasse, Sexismus/Heteronormativität für Geschlecht, Rassismus für Rasse und Bodismus für Körper. Dabei setzen wir kein Herrschaftsverhältnis als dominant voraus, sondern fokussieren auf ihre Verwobenheiten. Ferner gehen wir davon aus, dass die Beziehungen dieser Herrschaftsverhältnisse untereinander einem historischen Wandel unterliegen. Dabei können Verschiebungen von einer Kategorie zu anderen stattfinden: Welche (historische) Konstellation stellt welche Kategorien als zentrale Struktur gebende Faktoren in den Vordergrund? Dazu einige kursorische Hinweise: Die Kategorie Klasse diversifiziert die Stellung im Erwerbsarbeitsprozess, konkret den Zugang zum Erwerbsarbeitsmarkt und damit die Verteilung gesamtgesellschaftlicher Ressourcen. Dabei interessiert nicht allein das Verhältnis von einerseits KapitalistInnen und ManagerInnen, die über Produktionsmittel verfügen, und andererseits Lohnabhängigen, die gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Vielmehr kommt es jenseits dieser Trennung zu historisch sich immer wieder wandelnden Differenzie-rungen. Stand beispielsweise in den 1960er Jahren in der BRD neben den Produktionsmittelbesitzenden bei den Lohnabhängigen die Hierarchie zwischen ArbeiterInnen und Angestellten im Vordergrund, gewinnt heute die Kluft zwischen unbefristet und Vollzeit arbeitenden so genannten Normal-beschäftigten, prekär Beschäftigten – als working poor, in Teilzeit, befristet oder ungeschützt – sowie Erwerbslosen an Bedeutung (Castel 2005). Gleichzeitig mutieren immer mehr ArbeitnehmerInnen zu Arbeitskraft-unternehmerInnen (Voß/Pongratz 1998), bei denen sich die grundlegenden kapitalistischen Widersprüche ins Subjekt verlagern und es zu unterschiedlichen Formen der Selbstausbeutung kommt.

Die Kategorie Geschlecht umfasst die eng miteinander verwobene binäre Geschlechtszuordnung sowie die sexuelle Orientierung.7 Die gesellschaftlichen Konstruktionen der Mann-/Frau-Unterscheidungen und deren heterosexuelle Zuordnung konstruieren die Kategorie Geschlecht immer wieder neu. Die damit umfassender verstandene Kategorie Geschlecht strukturiert die Stellung in der Reproduktions- und der Erwerbsarbeit. Über die im Zuge von Modernisierungsprozessen zwar abgeschwächte, aber immer noch verbreitete geschlechtliche Konnotierung von Arbeitsfeldern sowie die vertikale und horizontale Segregation weiblicher und männlicher Arbeits- und Berufsrealitäten lassen sich Lohndifferenzierungen und Zugangsmöglichkeiten zu beruflichen Tätigkeiten begründen. Dies gilt insbesondere für die Inszenierung von Heterosexualität wie etwa in Dienstleistungsberufen (Adkins 1998). Darüber hinaus steht die Kategorie Geschlecht für eine weitgehende Zuordnung von Reproduktionsarbeit an Frauen. Stand in den 1960er Jahren primär die Trennung zwischen männlicher Erwerbsarbeit und weiblicher Familienarbeit im Vordergrund, scheint heute die Erwerbstätigkeit aller erwerbsfähigen Personen – unabhängig vom Geschlecht – zum gesellschaftlichen Reproduktionserfordernis schlechthin geworden zu sein. Gleichzeitig führen aber – trotz Diskussion um Krippenplätze und Beteiligung von Vätern an der Kindererziehung – weiterhin vor allem Frauen die überwiegenden Teile der Reproduktionsarbeiten als unbezahlte Zusatzarbeit aus.

Die Kategorie Rasse betont „das Moment der strukturellen Machtasymmetrie zwischen durch symbolische Klassifikationen zu ´Rassen´ gewordenen Menschengruppen“ (Weiß 2001: 29) und regelt damit u.a. ihren Zugang zu Erwerbsarbeit und vor allem auch Lohndifferenzierungen. Galt dies früher zwischen den europäischen Ethnien und Nationalitäten, ist das Außen inzwischen außerhalb der EU vor allem auf die Trikont-Länder verlagert. Das Prinzip bleibt das gleiche. Es werden Hierarchien konstruiert zwischen MigrantInnen mit zumindest befristeter Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis (beispielsweise IT-Fachkräfte) und illegalisierten bzw. „geduldeten“ MigrantInnen ohne Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis (Haushaltsarbeiterinnen, Prostituierte), die ökonomisch sinnvoll einzusetzen sind (vgl. Hochschild 2001). Personen, die sich allerdings nicht selbst ernähren können, werden auch nach dem neuen Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge abgeschoben. Denn Sozialleistungen stehen, wenn überhaupt, nur deutschen Staatsangehörigen zu.

Die Kategorie Körper diversifiziert ebenfalls die Stellung im Produktionsprozess, vor allem den Zugang zum Erwerbsarbeitsmarkt. Während in Zeiten der Vollbeschäftigung in den 1960er Jahren und bis in die 1970er und auch 1980er Jahre hinein ältere Lohnarbeitende hierarchisch oben angesiedelt waren, hat sich mit den schnellen technologischen Veränderungen und dem demografischen Wandel (vgl. Hondrich 2007, Kaufmann 2005) diese Hierarchie ins Gegenteil verkehrt: ArbeitnehmerInnen müssen beweglich, belastbar, permanent lernbereit und -willig sein. So bescheinigen amerikanische Studien sportlichen und sich fit haltenden Personen eine größere geistige und reaktive Leistungsfähigkeit (Hillman 2002). Zur Bedingung sozialer, und das heißt auf dem Arbeitsmarkt gewinnbringend einsetzbarer Wertschätzung gehören Jugendlichkeit, Schönheit, Fitness und Gesundheit (vgl. Degele/Sobiech 2007). Mit der Argumentation, dass die Macht dazu in den Händen, Beinen und Köpfen eines jeden Individuums liege, wird das Gesundheitssystem entsprechend umgebaut: jede Person ist für ihre Gesundheit selbst verantwortlich.

Allen vier Kategorien ist gemeinsam, dass sie zur möglichst kostengünstigen Reproduktion der Arbeitskraft beitragen. So stellt Klinger (2003: 26) mit Recht fest, dass Klasse, Rasse und Geschlecht – und wir ergänzen Körper – darin übereinstimmen, dass mit ihnen „ein Ungleichheit begründender und legitimierender Fremdheitseffekt, d.h. eine Ausgrenzung (Externalisierung) erzeugt wird, mit dem Ziel oder mindestens mit dem Resultat, eine Reduzierung des für die geleistete Arbeit zu entrichtenden Preises herbeizuführen.“ Eine gesamtgesellschaftliche Verbilligung der Ware Arbeitskraft nun lässt sich auf unterschiedliche Art und Weise realisieren, nämlich durch:

  Flexibilisierter Zugang und Zugangsbarrieren zum Arbeitsmarkt Lohndifferenzierungen Kostenlose bzw. kostengünstige Reproduktionsarbeit
Klasse Erwerbslose als Ausgleich für Nachfrage-schwankungen auf dem Arbeitsmarkt Normal-beschäftigte versus Prekariat, Erwerbslose als LohndrückerIn-nen Inanspruchnahme von Dienstleistungen zur Erziehung, globale Betreuungsketten
Geschlecht Frauen als stille Reserve Differenzierte Arbeits-bewertungsmaßstäbe und Sozialabgaben Zusätzliche und unbezahlte Haus- und Pflegearbeit von Frauen
Rasse Arbeitserlaubnis als Flexibilisierungspotenzial Bad jobs als Einstieg in den Arbeitsmarkt Migrantinnen als günstige Dienstmädchen
Körper Alter als Ausgrenzungsmöglichkeit Abwertung der Kompetenz von älteren und nicht vollständig fitten Menschen Individualisierte Krankheitsprävention, Pflicht zur Gesundheit
       

Abbildung 1: Differenzkategorien auf der Strukturebene und ihre zentralen Bedeutungen

Zusammenfassend können wir festhalten, dass sich anhand der vier Differenzierungslinien Klasse, Geschlecht, Rasse, Körper die gesellschaftliche Stellung der Subjekte zum Arbeitsmarkt bestimmen lässt. Ein- und Ausschlüsse entlang dieser Kategorien halten die ungleiche Ressourcenverteilung aufrecht. Abgesichert werden diese Prozesse durch handlungsorientierende und strukturbildende Normen und Ideologien, die wir mit der Analyse symbolischer Repräsentationen berücksichtigen.

3.3 Repräsentationsebene

Mit Hilfe der von uns dargestellten Strukturkategorien – Klasse, Geschlecht, Rasse, Körper – wollen wir hegemoniale Normen und Stereotype herausarbeiten, die Individuen tagtäglich performativ hervorbringen, die zur eigenen Subjektivierung beitragen und gleichzeitig Macht- und Herrschaftsverhältnisse stützen. Butler etwa hat immer wieder auf die Wirkmächtigkeit von Diskursen, insbesondere auf die Kraft von sich ständig wiederholender und zitierender sprachlicher Praxis verwiesen (Butler 1990, 1995: 22). Mit den vier Kategorien können wir nicht jede einzelne im Zusammenhang mit Arbeit hervorgebrachte Norm, Ideologie oder Repräsentation erfassen, dies ist auch nicht Absicht dieser Typologie. Wohl aber können wir damit die hegemonialen Diskurslinien und damit verbundene Einsprüche und Gegenentwürfe beschreiben.

Die diskursive Thematisierung und Verbindung der Kategorien auf der symbolischen Repräsentationsebene hat mit unterschiedlich gelagerten Problemen zu kämpfen. So hat die Kategorie Klasse ihre naturalisierte Bedeutung weitgehend verloren. Klassen gelten als gesellschaftliche Positionen, die sich relational aufeinander beziehen und die die Einzelnen beeinflussen können. Gerade heutige neoliberale Entwicklungen betonen immer wieder aufs Neue die Eigenverantwortung eines jeden Individuums. Mit der Abkehr vom sozialorientierten Wohlfahrtsstaat sind alle gefordert, sich permanent zu verändern, lebenslang zu lernen und sich selbst zu ernähren. In seinen Gouvernementalitätsstudien sieht Michel Foucault als zentralen Punkt der neoliberalen Regierungsrationalität ein Modell der Selbstführung. Das Subjekt wird dazu aufgerufen, sich im Rahmen der Ökonomisierung des Sozialen als „Unternehmer seiner selbst“ (Foucault 2006: 314) zu entwerfen. So ist nicht weiter erstaunlich, dass gesellschaftliche Diskurse immer wieder darauf verweisen, dass sich auch Erwerbslose aus eigener Kraft (wieder) in den Arbeitsmarkt integrieren können und auch prekär Beschäftigte Aufstiegschancen in eine so genannte Normalbeschäftigung haben. So ist die Meritokratie, die Herrschaft von Leistung, ein allgemein anerkanntes, performativ wirksames Prinzip, das als Norm im Allgemeinwissen verankert ist.

Deutlich anders sieht es mit den Kategorien Rasse und Geschlecht aus, deren Relationalität und Unterscheidbarkeit sich auf eine naturalisierte Differenz bezieht. Mit dieser Naturalisierung gewinnen diese beiden Kategorien ihre besondere Bedeutung für die Gesellschaft, da sie nicht hinterfragbar scheinen. Obwohl Rassen weder etwas Reales noch etwas Natürliches, sondern imaginiert sind, begreifen sich Menschen in hegemonialen Diskursen innerhalb einer Rasse, einer ethnischen, nationalen oder auch regionalen Gruppe als Community. Die zentrale Spaltung ist dabei die zwischen „Wir“ und „die Anderen“, und daran wiederum hängen andere bewertete Differenzierungen (Eickelpasch/Rademacher 2004: 84ff) wie etwa modern/vormodern, Zentrum/Peripherie, zivilisiert/unzivilisiert, Weiß/Schwarz, rational/emotional, triebbeherrscht/triebhaft, vernunftgeleitet/instinktgeleitet. Die konstruierte Differenz folgt dem Muster einer asymmetrischen Bezeichnungspraxis, eine als naturgegeben behauptete Differenz stützt den Herrschaftsanspruch.8


Ebenso wenig oder sogar noch weniger hinterfragbar erscheint die Natürlichkeit von Geschlecht, genauer: der Zweigeschlechtlichkeit und daran geknüpft Heterosexualität (Villa 2006: 158-176). Bei dieser Annahme handelt es sich vermutlich um den härtesten Stabilitätskern des Alltagswissens, zumal diese Kategorie im Gegensatz zu den anderen von einer weitgehenden Performanz geprägt ist. Sie ist „in unserem Kulturkreis definitiv und (fast) unwiderruflich festgelegt“ (Gottschall 2000: 215). So wird verständlich, dass nichts mehr verunsichert, als nicht zu wissen, ob es sich bei dem Gegenüber um einen Mann oder eine Frau handelt. In einer gesellschaftlichen Landschaft zunehmender Verunsicherung, geforderter Flexibilität und Leistungsbereitschaft gewinnen die Inszenierungen „des natürlichen Unterschieds“ wieder an Bedeutung. Die verstärkte Naturalisierung eines Geschlechterunterschieds kommt gerade Recht, scheint es doch wenigstens dort noch Gewissheiten zu geben, auf die sich Individuen verlassen können. Denn wenn sich so vieles wandelt und immer mehr zerbricht, Arbeitsplätze, Renten und Umwelt nicht mehr sicher sind, bleiben mit dem geschlechtlichen Körper doch noch vermeintlich letzte Sicherheiten. Dies erklärt auch die Popularität biologistischer Erklärungsmodelle von Verhalten, die hemmungslos in verstaubten Kisten Mammut jagender Männer und Probleme wälzender Frauen in Steinzeithöhlen wühlen.9

Mit den diskursiven Beschreibungen rund um Körper verhält es sich deutlich anders, obwohl Debatten um körperliche Eigenschaften sehr viel Verbindung zu den Diskursen von Geschlecht und Rasse aufweisen. Öffentliche Diskurse fokussieren hier – vielleicht primär aus Vermarktungsinteressen – derzeit verstärkt auf die Gestaltbarkeit und Veränderbarkeit von Alter, Leistungsfähigkeit und Aussehen. Prophylaxe, Sport und die Sorge um sich selbst ermöglichen es, so das wiederkehrende Credo, Jungsein bis ins numerisch hohe Alter zu verlängern. Nicht nur Schönheitsoperationen sind ein beliebtes Thema für Massenmedien geworden. So bastelt der deutschsprachige STERN aus dem gegenwärtigen hype um den Körper ganz im Trend der Zeit eine Geschichte mit dem Titel „Stärker, gesünder, klüger. Die heilende Kraft des Sports“ (Carmichael 2007). Dort führt eine 32jährige Mathematikerin in einem Versicherungskonzern ihre Produktivität und Tüchtigkeit auf ihr regelmäßiges Schwimmtraining zurück: „Ich kann mir im Leben Ziele setzen, Ehrgeiz entwickeln, mich motivieren und systematisch auf einen bestimmten Punkt hin arbeiten.“ (ebd.: 151) Die Botschaft ist eindeutig: Sportlichkeit ist zu einem gesellschaftlichen Leitwert geworden (vgl. Kaschuba 1989), und es ist jedeR Einzelne, der/die dafür die entsprechende Sorge und Verantwortung zu tragen hat. Letztendlich, so die neoliberale Botschaft, ist jedes Individuum für sich selbst verantwortlich. Also gilt es den eigenen Körper so zu formen und zu gestalten, dass er den Anforderungen gerecht wird (vgl. Abb. 2).

  Rechtfertigungen für Ungleichheiten Sicherheitsfiktionen  
Klasse Meritokratie, mangelnder Leistungswille von „die Rente ist sicher“ bis Ich-AG und Abbau Wohlfahrtsstaat  
Geschlecht der natürliche Unterschied, Konjunktur von Biologismen Ausdehnung der Verantwortung auf Lebensgemein¬schaften, Rückzug in traditionelle Familienstrukturen  
Rasse Mangelnde Anpassung an deutsche Leitkultur Zugehörigkeit zur EU, zum wohlhabenden Westen  
Körper mangelnde Eigenvorsorge und Disziplin gesunde Lebensführung, Krankheits- und Altersvorsorge, Versicherung  
       

Abbildung 2: Differenzkategorien auf der Repräsentationsebene und ihre zentralen Bedeutungen

Die Repräsentationsebene ist für die Bildung und Aufrechterhaltung ungleichheitsgenerierender Kategorien keineswegs ein bloßes Addendum. Diskurse und symbolische Repräsentationen wirken sowohl als Ideologien und Normen der Rechtfertigung für Ungleichheiten wie auch als Sicherheitsfiktion struktur- wie auch identitätsbildend.

3.4 Zusammenfassung

Die Aufgaben zur Analyse von Ungleichheiten und Diskriminierungen auf der Struktur-, Repräsentations- und Identitätsebene sind mithin unterschiedlich, vielleicht sogar diametral gelagert, nämlich Komplexitätsreduktion einerseits (Struktur und Repräsentation) versus Komplexitätserhöhung andererseits (Identität). Das bedeutet, dass wir mit den vier Kategorien die strukturellen und ideologischen Herrschaftsverhältnisse untersuchen können. Im Gegensatz zur Struktur- und Repräsentationsebene ist es auf der Identitätsebene wenig hilfreich, eine feste und nicht erweiterbare Anzahl von Kategorien vorzugeben.

Allerdings halten wir es für durchaus sinnvoll, das empirische Material anhand von induktiv erarbeiteten Kategorien auszuwerten. Damit ist ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil verbunden: Dieses Vorgehen hilft, unbenannte (weil selbstverständliche und deshalb nicht thematisierte) Positionen, die hierarchisch oben positionierte Seite wie männlich, heterosexuell oder Weiß aufzuspüren. Ganz im Sinne der Grounded Theory heißt das auch, dass auf der Identitätsebene immer auch noch zusätzliche Differenzkategorien auftauchen können, die es bei der Auswertung des Interviewmaterials zu berücksichtigen gilt. Dieser methodologische Gewinn könnte sich auch längerfristig bezahlt machen. Denn vielleicht sind es ja gerade neu entstehende Differenzierungen, die erst mittelfristig gesamtgesellschaftlich Relevanz erhalten.

 

4 Methodologisches Herangehen

Um nun die Konstruktion der dargestellten Differenzkategorien empirisch zu analysieren, bedarf es eines nicht reifizierenden, d.h. den Status Quo nicht lediglich reproduzierenden methodologischen Herangehens. Dazu schlagen wir ein praxeologisches statt reduktionistisches Vorgehen vor, mit dem sich die Konstruktionen und im historischen Vergleich auch die Veränderungen von Identitätskonstruktionen, symbolischen Repräsentationen und sozio-ökonomischen Strukturen untersuchen lassen (als Übersicht vgl. Abb.3).

Bisher ist offen, wie eine Vielzahl von Faktoren bzw. Differenzkategorien methodologisch überhaupt adäquat zu berücksichtigen ist. Darüber hinaus ist unklar, wie die Wechselwirkungen zwischen Strukturkomponenten und Einflüssen der Repräsentations- und Identitätsebene zu fassen sind. Vor diesem Hintergrund berücksichtigt das hier vorgeschlagene Modell bei der Analyse sozialer Praxen unterschiedliche Differenzkategorien in ihren Wechselwirkungen, zweitens konkretisiert es aus der Identitäts-, Struktur- und Repräsentationsebene die Bedeutung der Kategorien für soziale Praxen. Mit Bourdieus Theorie der Praxis gehen wir davon aus, dass der Ausgangspunkt und Gegenstand der Soziologie die sozialen Praxen sein sollten, die einer empirischen Untersuchung zugänglich sind.10

In einem ersten Analyseschritt rekonstruieren wir auf der Identitätsebene die von einer Interviewperson benannten Differenzkategorien und stellen fest, dass manche Aussagen und Subjektkonstruktionen nicht genau einer, sondern mehreren Kategorien zuordenbar sind. Daraus ergeben sich bereits erste intersektionale Erkenntnisse, die bei einem Blick auf nur eine Kategorie verloren gingen.

Dies lässt sich am Beispiel eines Interviews mit einer in Deutschland geduldeten kurdischen Migrantin demonstrieren, das das Forschungsteam um Schultheis/Schulz (2005: 569-574) im Zusammenhang mit Armut, Prekarität und Erwerbslosigkeit in Deutschland geführt hat. Bei Frau B. sind Hilflosigkeit und Einsamkeit zentrale Themen. Sie fühlt sich ausgegrenzt, als Mensch zweiter Klasse behandelt, weil sie nicht arbeiten darf und auf Sozialhilfe angewiesen ist. Auch fühlt sie sich als Asylantragstellerin und Geduldete von deutschen Institutionen nicht gut behandelt. Weiter schlägt und vergewaltigt ihr Mann sie und droht, ihr die drei Kinder wegzunehmen und sie in die Türkei zurückzuschicken. Schließlich fühlt sie sich zu alt, um noch einmal neu anzufangen. Frau B. lebt vor allem für ihre Kinder. Recht schnell wird hier deutlich, dass die Angst vor Ausweisung ebenso an ihrem Geschlecht wie auch an ihrer Ethnizität und der fehlenden Staatsbürgerschaft hängt, die gefühlte Unterlegenheit der Migrantin ist ferner ihrem Alter geschuldet. Es sind also häufig mehrere Differenzkategorien, die bei Phänomenen wie Gewalt, Hilflosigkeit und Ausgrenzung in Wechselwirkung treten. Folge aus er Sicht von Frau B.: „ich hab keine Chance“ (ebd.: 569).

Abbildung 3: Modell der Intersektionalität als Mehrebenenanalyse

In einem zweiten Analyseschritt sehen wir, dass sich einige Aussagen aus der Identitätsebene auch auf der Repräsentationsebene (Benennung allgemeiner Normen und Diskurse) und auf der Strukturebene (Zugangsbarrieren zur Erwerbsarbeit, unterschiedliche Entlohnung, Bildungsanforderungen etc.) analysieren lassen. Die Ergebnisse aus den Interviews und damit die sozialen Praxen Einzelner beziehen sich primär auf die Identitätsebene, geben aber auch wichtige Hinweise für die anderen beiden Ebenen.

Beispielsweise gibt es für AsylbewerberInnen und Personen mit Duldung keine Arbeitserlaubnis, ohne anerkannten Asylantrag keine Ausbildungsmöglichkeit und ohne Gefängnisaufenthalt im Herkunftsland (oder einem ähnlichen Nachweis der Verfolgung) kein Asyl. Bei einer Scheidung droht Abschiebung, das türkische Recht und die dortigen, häufig patriarchal geprägten Familienverhältnisse bieten keine Alternative. Auf der Strukturebene sind mithin eingeschränkte Menschenrechte für Ehefrauen mit Migrationshintergrund zu konstatieren, denen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht verwehrt wird. Was die Analyse der Strukturebene angeht, sind also Informationen über die rechtliche Lage und politische Praxis zu Duldung, Ausweisung, Asyl, Rechtshilfe, deutschem und türkischem Familienrecht erforderlich.

Ebenso beziehen sich einige Aussagen auch auf die Ebene symbolischer Repräsentationen. So fühlt sich Frau B. als Sozialhilfeempfängerin gebrandmarkt, sie leidet unter Vorwürfen, wie sie in Massenmedien und auch der öffentlichen Meinung inzwischen Alltag geworden sind: „Ihr kommt her und nehmt unseres Sozialhilfe und sitzt ihr zu Hause“ (ebd.: 571). Auch für die adäquate Rekonstruktion dieser Ebene von Normen und Ideologien wird es nicht genügen, der Analyse lediglich Interviews zugrunde zu legen. Erforderlich sind vielmehr zusätzliche Datenquellen wie etwa Diskursanalysen von Daily Soaps, Werbung, Zeitungen mit Millionenauflagen oder Internetforen, um einerseits hegemoniale Diskurse und andererseits Gegenpositionen und auch Ausgeschlossenes, Nicht-Thematisiertes zu erfassen. Diese massenmedial wirksamen Texte lassen sich diskursanalytisch auswerten. Gleichzeitig legt die Repräsentationsebene auch eine Verbindung zur Identitätsebene nahe. Denn erst in Interviews mit Einzelpersonen oder auch in Gruppendiskussionen werden Normen und Stereotype konkret und lebendig.

Strukturen nun lassen sich umfassend nur über statistisches Datenmaterial, Gesetze u.ä. untersuchen. Doch während wir einerseits über das Material aus Interviews weitergehende strukturelle Forschungsfragen sichtbar machen, und damit Lücken im Datenmaterial offenkundig werden, lässt sich andererseits die volle Bedeutung von Strukturen, beispielsweise von Gesetzen erst im Einzelfall erfassen.11 Entsprechend schlagen sich die bei der Analyse der Strukturebene gewonnenen Erkenntnisse auch auf der Identitätsebene nieder. Selbstredend hängen auch Struktur- und Repräsentationsebene zusammen. So können wir auf der Repräsentationsebene aus jeder Diskursanalyse weitergehende Fragen für die Strukturebene herausarbeiten und umgekehrt macht die Kenntnis von Strukturdaten Texte diskursanalytisch überhaupt erst verstehbar.

Entscheidend ist bei diesem Vorgehen, die vorgegebenen vier Kategorien auf der Struktur- und Repräsentationsebene den konkret zu untersuchenden Personen nicht überzustülpen. Stattdessen prüfen wir empirisch, ob und wie die konkreten sozialen Praxen der untersuchten Personen auf die vier Kategorien und damit verbundene Herrschaftsverhältnisse verweisen. So stehen nicht nur die Kategorien, sondern auch die verschiedenen Ebenen miteinander in Wechselwirkungen. Konkret: Identität („keine andere Chance“) ist ein ebenso strukturierter wie auch strukturbildender und -erhaltender Faktor. Solange in Deutschland lebenden Ehefrauen mit Migrationshintergrund eigenständige Aufenthaltsgenehmigungen verwehrt werden, haben sie oft keine andere Wahl als zu Hause zu sitzen. „Ich will das nicht, aber ich muss.“ (ebd. 571) Die strukturelle staatliche Ausgrenzung gegenüber AsylbewerberInnen perpetuiert die von Frau B. als Gefängnis beschriebene Ehe. Frau B. erträgt den Ehemann als Feind zuhause, da sie nur so das Zusammenleben mit ihren Kindern sichern kann. Auch wiederholt Frau B. symbolisch generierte und vermittelte Normen und Ideologien über MigrantInnen als SchmarotzerInnen, selbst wenn sie sich dagegen auflehnt. Dies lässt sich mithilfe diskurstheoretischer Performanzkonzepte (wie etwa von Butler 1990, 1995) rekonstruieren: Die Norm der mittel- und hilflosen Migrantin mit eingeschränkten Menschenrechten schafft und perpetuiert diese Identität. Das ängstliche und verunsicherte Auftreten Frau B.s vor dem deutschen Gericht, das ihren Asylantrag gewähren soll, und ihre dem gewalttätigen Ehemann gegenüber schwächere Position trägt nicht dazu bei, ihrem Anliegen in der Wahrnehmung formaler Rechtsvorschriften Glaubwürdigkeit und Durchsetzungsfähigkeit zu verleihen. Strukturen sind wie in diesem Fall blind für einzelne Schicksale. Sie lassen sich nur über statistisches Datenmaterial, Gesetze, Rechtsprechung u.ä. untersuchen und bilden wiederum einen mehr oder weniger resonanzfähigen Boden für Identitätskonstruktionen. So lassen sich etwa fehlende nachbarschaftliche und soziale Netze als Strukturen eingeschränkter Menschenrechte, Ausgrenzung auf der Grundlage von Nationalität sowie patriarchaler und gewaltförmiger Familienverhältnisse deuten. Auch darauf weisen die Aussagen auf der Identitätsebene hin: auf strukturell offene Fragen und damit Lücken im Datenmaterial.

Es geht also darum, wie induktiv auf der Identitätsebene entwickelte Kategorien auf die von uns gesetzten und deduktiv begründeten Kategorien auf der Struktur- und Repräsentationsebene verweisen und mit ihnen wechselwirken. Dies kann unterschiedlich ausfallen. So kann mangelnde Bildung, mit der sich ein Subjekt auseinanderzusetzen hat, aus Sicht des Individuums sowohl auf eine untergeordnete Klassenlage verweisen wie auf Geschlecht, auf den körperlichen Gesundheitszustand oder aber auf einen Migrationshintergrund. Die sozialen Praxen und deren Bewertung und Einordnung durch Individuen sind also für den Fortgang der Untersuchung bestimmend und entsprechend ergeben sich daraus weitere Schwerpunktsetzungen der Analyse auf den Ebenen der Struktur, Repräsentation und Identität (als methodisches Hilfsmittel zur Untersuchung der Lebenssituationen von Erwerbslosen vgl. Abb. 4).

Abbildung 4: Kategorienschema für die Auswertung von Differenzkategorien bei der Analyse des Alltags Erwerbsloser


6 Ausblick

Der Gewinn unseres Ansatzes liegt im Zugang über Wechselwirkungen von Kategorien und Ebenen. Das hat Konsequenzen in theoretischer, methodologischer und politischer Hinsicht. Theoretisch ermöglicht der Ansatz Vielfältigkeit und vermeidet Beliebigkeit von Kategorien. Denn erstens zwingt die Benennung der jeweils gewählten Untersuchungsebene zur Präzision, die bei einem implizit bleibenden Springen zwischen den Ebenen nicht zu erreichen wäre. Zweitens lassen sich durch die je nach Ebene unterschiedliche Zahl relevanter Kategorien Reduktionismen vermeiden. Wir können im hier vertretenen Ansatz soziale Praxen auf der Identitätsebene in ihrer Vielfalt beobachten und mit von AkteurInnen benannten und über andere Materialien konkretisierten Diskursen und Strukturen verknüpfen. Damit verbinden wir bislang isolierte und verstreute Wissensbestände und Theorien miteinander. Auch ist es nur so überhaupt möglich, Wechselwirkungen verschiedener Kategorien und Ebenen zu analysieren. Drittens ermöglicht der Vorschlag ein systematisches Vorgehen, das von Identitätskonstruktionen seinen Ausgang nimmt, aber gerade nicht auf dieser Ebene stecken bleibt. In diesem Sinn liefert der Ansatz eine theoretische Brille bzw. ein theoretisches Handwerkszeug gegen sonst implizit bleibende Naturalisierungen und Mechanismen, die Stereotype und Ungleichheitsstrukturen generieren und wechselseitig stabilisieren.

Die prinzipielle Offenheit von Kategorien auf der Identitätsebene und ihre Anbindung an gesellschaftliche Strukturen und symbolischen Repräsentationen erlaubt methodologisch konstruktiv mit einem zentralen Problem der Gender und Queer Studies umzugehen, nämlich der Reifizierung. So setzen wir die zu untersuchenden Kategorien wie Geschlecht, Sexualität oder Alter nicht einfach als relevant voraus, sondern berücksichtigen, ob und wie die Interviewpersonen sie benennen oder eben auch nicht. Das macht naturalisierte und hierarchisierte Differenzkonstruktionen in ihrer alltäglichen Wirkung sichtbar und damit in einem weiteren Schritt als Ideologien identifizierbar und angreifbar.

Der Ansatz der Intersektionalität als Mehrebenenanalyse geht vom alltäglichen Handeln verschiedener AkteurInnen aus und verbindet Identitätskonstruktionen mit symbolischen Deutungsmustern und strukturel-len Bedingtheiten. Dies ermöglicht gleichzeitig – also wieder rückwärts von den Strukturen und Repräsentationen aus – auf der Identitätsebene nach Gestaltungsoptionen und alternativen Handlungsmöglichkeiten zu fragen. Daran knüpfen wir das Ziel, gesellschaftlichen Wandel besser zu verstehen und daraus theoretisch fundierte Anknüpfungspunkte für politisches Handeln ableiten zu können.

Neue Formen von Bündnispolitiken zu finden, die das Aufbrechen von kategorialen Binaritäten unterstützen, ist deswegen so wichtig, da für die Lösung vieler gesellschaftlicher Probleme wie menschenverachtender Kriege, ökologischer Katastrophen oder zunehmende Ungleichheiten und Armut die Solidarität zwischen verschiedenerlei Menschen erforderlich ist. Über die Wege zur Realisierung solcher neuen Solidaritätsformen ist wenig bekannt. Wir denken, dass ein Beitrag zur gegenseitigen solidarischen Unterstützung die permanente und alltägliche Auseinandersetzung mit Differenzierungskategorien mit dem Ziel der Dekonstruktion sein kann, da diese Auseinandersetzung nicht nur auf der Identitätsebene Wirkung zeigt, sondern, wie gezeigt, auch auf der Struktur- und Repräsentationsebene Prozesse stabilisieren oder aufbrechen kann.

 

Dieser Aufsatz ist zuerst im Juli 2007 erschienen und unter www.tu-harburg.de/agentec/winker/pdf/Intersektionalitaet_Mehrebenen.pdf verfügbar.

 

Anmerkungen

  1. Im deutschsprachigen Kontext erscheint in der gender- und queertheoretischen Literatur der Begriff Rasse mit Rücksicht auf die nationalsozialistische Vergangenheit zumeist in Anführungszeichen. Alternativ findet der englische Begriff race statt Rasse Verwendung, „um die biologistischen und besonders die faschistischen Konnotationen des Begriffs zu vermeiden“ (Dietze 2001: 31). Wir wollen mit diesem Begriff Prozesse der Rassisierung, also Prozesse der Rasse erst konstruierenden Ausgrenzung und Diskriminierung sowie ihre gewaltförmige Naturalisierung und Hierarchisierung deutlich machen. Deshalb verzichten wir hier bewusst auf die Anführungszeichen. Für andere Kontexte mag die Entscheidung für die passende Schreibweise durchaus abweichend ausfallen.
  2. Lutz/Wenning (2001: 20) benennen folgende 13 bipolare hierarchische Differenzlinien: Geschlecht, Sexualität, „Rasse“/Hautfarbe, Ethnizität, Nation/Staat, Klasse, Kultur, Gesundheit, Alter, Sesshaftigkeit/Herkunft, Besitz, Nord-Süd/Ost-West, Gesellschaftlicher Entwicklungsstand.
  3. Das ist gar nicht mal so neu. Bereits vor einem Jahrhundert wies ein Soziologe der ersten Stunde, nämlich Georg Simmel (1968), darauf hin, dass eine Beschreibung auf der Ebene interaktiv hergestellter Identitäten umso aussagekräftiger wird, je genauer sich ein Individuum im Schnittfeld verschiedener Kategorien positionieren lässt.
  4. Grundlage waren Interviews, die Studierende in unseren Intersektionalitätsseminaren in Freiburg und Hamburg im Sommersemester 2007 durchgeführt haben, sowie Sekundär-Auswertungen von Interviews, die bei Schultheis/Schulz (2005) veröffentlicht sind.
  5. „In addition, there is as much reason for feminists to argue for a race/gender system as for as sex/gender system, and the two are not the same kind of analytical move. And again, what happened to class? The evidence is building of a need for a theory of ´difference´ whose geometries, paradigms, and logics break out of binaries, dialectics, and nature/culture model of any kind. Otherwise, threes will always reduce to twos, which quickly become lonely ones in the vanguard. And no one learns to count to four” (Haraway 1991: 129).
  6. Klassismus bezeichnet Dominanzverhältnisse zwischen Klassen, Schichten oder auch Milieus. Während wir zur Beschreibung der kapitalistischen Akkumulationslogik von der Unterscheidung zwischen Produktionsmittelbesitzenden und Lohnabhängigen ausgehen, differenzieren wir mit dem Ansatz des Klassismus unterschiedliche Möglichkeiten und Formen der Vermarktung der Arbeitskraft innerhalb kapitalistischer Strukturen (vgl. Hooks 2000).
  7. So konstruiert Butler das Dreigestirn von sex, gender und desire als keinesfalls in seine Bestandteile auflösbaren, sondern sich wechselseitig stützenden Machtkomplex (Butler 1991: 22-25).
  8. Heutzutage spricht man statt von einer natürlichen Ungleichheit verschiedener Rassen von der Unaufhebbarkeit kultureller Differenzen (Balibar/Wallerstein 1990: 28). Der Effekt ist gleich, nämlich die Reduktion des Individuums darauf, eine ausgegrenzte Totalität zu repräsentieren. Eine häufig wiederholte Figur der Argumentation lautet beispielsweise, Personen mit einem nicht-deutschen ethnischen Hintergrund könnten oder wollten sich aufgrund ihrer „Abstammung“ nicht an die „deutsche Leitkultur“ anpassen.
  9. Ein gutes Beispiel dafür liefert die Gehirnforschung, die mit immer neuen und methodisch nicht haltbaren Geschlechterunterschieden von Gehirnen aufwarten (zur Darstellung und Kritik vgl. Schmitz 2006).
  10. Bourdieu wandte sich damit entschieden gegen Theorien, in denen die Praxis nicht mehr zu erkennen sei: Theorie dürfe niemals um ihrer selbst Willen entwickelt werden, sondern müsse immer Mittel des wissenschaftlichen Umgangs mit Praxis sein. Entsprechend forderte er eine „Theorie der Praxis“, die die scharfe Trennung von Empirie und Theorie überwinden sollte. Diese beruht erstens auf Selbstreflexivität, wie sie Bourdieu für den gesamten Forschungsprozess einklagt (Bourdieu 1998: 205-210), zweitens auf dem Primat des empirischen Gegenstands (Bourdieu 1998: 14) und drittens auf dem Habituskonzept, das die häufig abstrakte Makroebene (theoretische Konzepte nachvollziehbarer Strukturen) mit der konkreten Mikroebene direkt erfassbarer und nachvollziehbarer praktischer Handlungen miteinander verbindet (Bourdieu 1976: 139-202, Bourdieu 1993: 7-33, 147-180).
  11. Zur Vermittlung zwischen structure und agency, Struktur- und Identitätsebene vgl. Bourdieus Habitustheorie und Giddens’ Theorie der Strukturierung.

 

Zu den Autorinnen

Nina Degele (Prof. Dr.) lehrt Soziologie und Gender Studies an der Universität Freiburg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Geschlechterverhältnisse , Körper, Modernisierung und qualitative Methoden.

Gabriele Winker (Prof. Dr.) lehrt Arbeitswissenschaft und Gender Studies an der TU Hamburg-Harburg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Arbeits-, Geschlechter- und Internetforschung.

 

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