Praxisprojekt

ABqueer e.V.

 

Organisation/Träger: ABqueer e.V.

Schlagworte: Diskriminierungsformen/soziale Kategorien (Zeichen reduzieren) Homophobie, Transphobie / Sexuelle Orientierung, Geschlecht/ Gender/ geschlechtliche Identität

Kurzbeschreibung: ABqueer e.V. ist ein Berliner Trägerverein, der Bildungsveranstaltungen und pädagogische Beratung zum Themenfeld Geschlecht und Sexualität mit dem Schwerpunkt lesbische, schwule, bisexuelle, transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und queere (kurz: LGBTIQ) Lebensweisen anbietet. Der Verein wurde im November 2004 gegründet und arbeitet heute mit ca. 40 überwiegend ehrenamtlich tätigen Mitgliedern. Die verschiedenen Bildungsangebote werden vom Aufklärungsprojekt und dem Projekt teach out durchgeführt. Das Aufklärungsprojekt führt Sensibilisierungs- und Antidiskriminierungsveranstaltungen für Kinder und Jugendliche in Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen durch. Teach out wendet sich an Lehrer_innen, Studierende aus den Sozialwissenschaften und andere Multiplikator_innen. Ausgebildete Fachkräfte führen Fortbildungsseminare und Work-shops durch, unterstützen Pädagog_innen bei der Vorbereitung von Lerneinheiten und bieten individuelle pädagogische Beratung. Gemeinsam mit dem Verein TransInterQueer e.V. hat ABqueer e.V. das Projekt Trans*Inter*Beratung Berlin ins Leben gerufen, das allen Interessierten Informationen, Beratung und Unterstützung zu den Themen Trans- und Intergeschlechtlichkeit anbietet. In Kooperation mit dem Bildungsträger KomBi entstand die Bildungsinitiative QUEERFORMAT. QUEERFORMAT unterstützt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft bei der Umsetzung der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz Sexueller Vielfalt“ (ISV) in den Bereichen Schule sowie der Kinder- und Jugendhilfe. Mit der vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossenen ISV soll Homophobie und Transphobie im Land Berlin aktiv entgegengetreten werden. Im Rahmen der ISV führt QUEERFORMAT Informationsveranstaltungen für Leitungskräfte und Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte zu den Themen Diversity, Antidiskriminierung und Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt durch.

 


 

Ausführliche Projektdarstellung:

Das Aufklärungsprojekt. In den Bildungsveranstaltungen, die das Aufklärungsprojekt durchführt, thematisieren die Mitarbeiter_innen mit den Schüler_innen die Vielfalt von Lebensweisen, hinterfragen Geschlechterrollen und diskutieren verschiedene Normen und Werte unserer Gesellschaft. Den Teilnehmenden wird ein Raum eröffnet, sich mit dem Leben in Vielfalt und den sich daraus ergebenden Herausforderungen auseinander zu setzen. Vorurteile und Klischees können so thematisiert und relativiert werden. Dabei stehen der Dialog, das Austauschen von Fragen und Meinungen sowie gegenseitiger Respekt in einer vertrauensvollen Atmosphäre im Mittelpunkt. Indem die Inhalte der Veranstaltung auch in den Kontext mit Menschenrechten und Demokratieerziehung gestellt werden, wird das demokratische Bewusstsein junger Menschen gestärkt und ein wertschätzender Umgang mit verschiedenen Lebensweisen vermittelt. Dies kommt allen teilnehmenden Kindern und Jugendlichen zugute, da sie lernen, sich angstfrei und off en in einer von Vielfalt geprägten Welt zu bewegen. In seiner Arbeit vereint das Aufklärungsprojekt Elemente aus der Antidiskriminierungsarbeit, der politischen Bildung, der Menschenrechtsbildung und der Sexualpädagogik. Dabei wird darauf geachtet, dass jede Veranstaltung sowohl sprachlich als auch methodisch auf die jeweilige Gruppe zugeschnitten ist. In der Regel wird in den Veranstaltungen mit den Jugendlichen geschlechtergetrennt gearbeitet, da die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass Diskussionen so offener und persönlicher verlaufen. Dies trägt maßgeblich zum Erfolg der Veranstaltung bei. Sollte es in der Klasse transgeschlechtliche Teilnehmer_innen geben, dürfen diese die Gruppe selbstverständlich frei wählen. Das Aufklärungsprojekt arbeiten nach einem erweiterten Peer Education Ansatz: Die Mitarbeiter_innen sind nicht älter als 27 Jahre. So ist der Altersunterschied zwischen ihnen und den Schüler_innen relativ gering. Sie begegnen sich auf Augenhöhe und können in einer entspannten Atmosphäre respektvoll miteinander arbeiten. Die Mitarbeiter_innen des Projekts wissen, wovon sie sprechen, denn sie definieren sich selbst als lesbisch, schwul, bisexuell, trans*, inter* oder queer. Zudem haben sie alle eine projektinterne Ausbildung durchlaufen, um professionell auf die Bedarfe und Wünsche der Schüler_innen eingehen zu können. Das Aufklärungsprojekt führt rund 80 Veranstaltungen im Jahr durch und erreicht so ca. 2000 Jugendliche in Berlin. Es wird von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Frauen seit 1997 gefördert.

Teach out wendet sich an Lehrer_innen, pädagogische Fachkräfte, Studierende aus den Sozialwissenschaften und andere Multiplikator_innen. Ausgebildete Fachkräfte führen seit 2004 Fortbildungsseminare und Workshops mit dem Fokus auf lesbische, schwule, bisexuelle, transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und queere Lebensweisen durch, unterstützen Pädagog_innen bei der Vorbereitung von Lerneinheiten und bieten individuelle pädagogische Beratung. Das Ziel des Projektes ist es, die Adressaten_innen insbesondere für die Lebenssituation von LGBTIQ Jugendlichen zu sensibilisieren und zu verdeutlichen auf welcher Ebene diese Diskriminierung erfahren. Besonders die Auseinandersetzung mit der oft übersehenden strukturellen Diskriminierung ist ein wesentlicher Bestandteil des Projektes. Ein Schwerpunkt der Seminare und Workshops liegt auf der gemeinsam Erarbeitung von Handlungsmöglichkeiten, die die Teilnehmer_innen in ihrem Arbeitsfeld befähigen, LGBTIQ Lebensweisen adäquat zu thematisieren, sicherer im Umgang mit der Vielfalt von Lebensweisen zu werden und wirkungsvoll gegen Diskriminierungen vorzugehen. Die Trans*Inter*Beratung Berlin ist ein Projekt der Träger TrIQ e.V. und ABqueer e.V. in Kooperation mit IVIM, das sich für eine emanzipatorische und entpathologisierende Sichtweise auf transgeschlechtliche und intergeschlechtliche Lebensweisen einsetzt. Das Projekt bietet persönliche, telefonische und E-Mail-Beratung zu den Themen Trans- und Intergeschlechtlichkeit für

In ihrer Arbeit verzichten die Trans*Inter*Beratung Berlin dementsprechend bewusst auf die in Beratungskontexten noch immer häufig anzutreffende Unterscheidung in sogenannte Fachleute und sogenannte Betroffene. Stattdessen setzt es auf Expertentum in eigener Sache und arbeiten mit dem Peer-Counseling-Ansatz. Die Berater_innen definieren sich selbst als transgeschlechtlich, intergeschlechtlich, queer, Transgender, Zwitter, Angehörige, transidentisch, Herms, transsexuell, intersexuell, etc. und verfügen über eine entsprechende berufliche Qualifikation oder haben eine projektinterne Ausbildung durchlaufen. Gerade die persönliche Verbundenheit der Berater_innen mit den Themen Trans- bzw. Intergeschlechtlichkeit schafft Vertrauen und wird von Ratsuchenden sehr geschätzt.

Die Bildungsinitiative QUEERFORMAT unterstützt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft bei der Umsetzung der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz Sexueller Vielfalt“ (ISV) in den Bereichen Schule sowie der Kinder- und Jugendhilfe. Die Initiative "Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt" wurde im April 2009 fraktionsübergreifende vom Berliner Abgeordnetenhaus beschloss. Mit dem einstimmigen Beschluss dieses Aktionsplanes soll Homophobie und Transphobie im Land Berlin aktiv entgegengetreten werden. Mit der ISV wurde bewusst ein Schwerpunkt darauf gelegt, „Bildung und Aufklärung“ in Schule und Jugendhilfe zu stärken, um Kinder und Jugendliche schon frühzeitig mit einem akzeptierenden Umgang mit Vielfalt vertraut zu machen. Erstmals wurde eine Fortbildungsverpflichtung eingeführt, pädagogische Fachkräfte aus Schule und Jugendhilfe sowie Pädagog_innen in der Ausbildung zu den Themen Diversity, Antidiskriminierung und Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt zu schulen. Im Februar 2010 beschloss der Berliner Senat daraufhin einen Maßnahmenplan zum Abbau von Diskriminierungen, der auch die nachhaltige Verankerung der genannten Themen in Schule und Jugendhilfe beinhaltet. „Im Sinne einer Top-Dow-Strategie sollen Schlüsselpersonen im Bildungsbereich sowie pädagogische Fachkräfte zum Thema Diversity und sexuelle Vielfalt qualifiziert werden.“ QUEERFORMAT berät, schult und unterstützt fachlich über LGBTIQ Themen und Lebensweisen in der pädagogischen Arbeit in Kita, Schule und Jugendarbeit. So können Kinder und Jugendliche schon frühzeitig mit einem akzeptierenden Umgang mit gesellschaftlicher und sexueller Vielfalt vertraut gemacht werden. Diese akzeptierende und wertschätzende pädagogische Haltung unterstützt alle Kinder und Jugendliche dabei, sich angstfrei und selbstbewusst in einer von Vielfalt geprägten Welt zu bewegen. Zusätzlich werden LGBTIQ Kinder und Jugendliche in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit unterstützt und gestärkt.

 

Was macht das Projekt intersektional?

In unserer pädagogischen Praxis wird immer deutlicher, dass Bildungs- und Anti-diskriminierungsarbeit ein sehr komplexes Handlungsfeld ist, das entsprechend komplexe Handlungsstrategien erfordert. Um dem Rechnung zu tragen versuchen wir in unserer Bildungsarbeit verschiedene Differenzkategorien miteinander in Beziehung zu setzen und Mehrfachzugehörigkeit zu thematisieren. Wesentlich ist uns in unserer Arbeit, den Blick dafür zu schärfen, wie Machtverhältnisse unterschiedliche gesellschaftliche Standorte bestimmen, und die daraus entstehenden Dynamiken- auch innerhalb der Bildungsveranstaltungen- sensibel wahrzunehmen und zu gestalten. Unter intersektionaler Perspektive versuchen wir in unserer Bildungsarbeit diese dynamischen Machtverhältnisse zu thematisieren und nicht einfach in „priviligierte Menschen“ und „nicht-priviligierte Menschen“ zu spaltet, sondern aktiv mit den oft widersprüchlichen Zuordnungen und Selbstverortungen von Personen zu arbeitet.

Darüber hinaus findet in den verschiedenen Teams und im gesamten Verein eine andauernde Auseinandersetzung mit Themen wie Mehrfachzugehörigkeit, Critical Whiteness, Rassismus, Sexismus, gesellschaftliche Privilegien, etc. statt.

Insgesamt ist festzuhalten, dass wir in unserer Bildungsarbeit begonnen haben, uns eine interektionale Perspektive zu erarbeiten, doch von einer durchweg intersektionalen Bildungsarbeit sind wir noch entfernt. Einerseits sind unsere Teams im Bezug auf Differenz-merkmale wie Alter, Bildungshintergrund und „Hautfarbe“ relativ homogen. Die personelle Repräsentation von Vielfalt wird von unseren (ehrenamtlichen) Mitarbeiter_innen also nur eingeschränkt erfüllt. Andererseits ist es immer wieder der Fall, dass die Inhalte unserer Bildungsveranstaltungen auf die Differenzkategorien Geschlecht und sexuelle Orientierung beschränkt bleiben, ohne dass weitere Zugehörigkeiten ausführlich mitbearbeitet werden. 

 

Zielgruppe: Jugendliche, junge Erwachsene, Fachkräfte in Schule und Kinder- und Jugendhilfe, andere Multiplikator_innen ,Trans*- und Inter-Personen und deren Angehörige und Freund_inne.

Projektzeitraum: Fortlaufend

Kontaktadresse: ABqueer e.V., Sanderstraße 15, 12047 Berlin, Tel: 030 - 92 25 08 44 Fax: 030 - 92 25 08 45 e-mail: info[at]abqueer.de

Links: http://www.abqueer.de ; www.queerformat.de

 

zurück zur Übersicht