Methode
Power Flower
Dauer: 30 min
Autor_in/ Organisation: Europahaus Aurich und Anti-Bias-Werkstatt /
Adaption der Ausgangsversion: Friederike Jonah Reher (siehe unten)
Zielgruppe: Jugendliche, Erwachsene
Material: Für alle TN eine Kopie des Arbeitsblattes „Power Flower“, Overheadprojektor, Folie des Arbeitsblattes „Power Flower“
Lernziele/Verwendungsmöglichkeiten: Reflexion der eigenen gesellschaftlichen Positionierung, Erkennen, welchen sozialen Gruppen man angehört, Vielschichtigkeit der eigenen Identität erkennen, sich eigene Privilegien bzw. Machtstellungen bewusst machen
Durchführungsschritte/ Instruktionen:
Auf Overhead bzw. mit einem Präsentationsprogramm am Computer wird allen TN das Arbeitsblatt: „Power Flower“ gezeigt und deren Funktion erläutert. Erklären Sie, dass im Inneren der Blume Merkmale stehen, die zur menschlichen Identität dazugehören und die alle Menschen besitzen, wie z. B. Herkunft, Geschlecht, Familienstand, Wohnort etc. Gleichzeitig handelt es sich dabei um Differenzierungskategorien, die nicht naturgegeben und statisch, sondern sozial hergestellt sind, die aber dennoch real wirksam sind. In den inneren Blütenblättern sind die zu den einzelnen Kategorien gehörigen, in Deutschland strukturell privilegierten Gruppen, in den äußeren Blütenblättern die tendenziell nicht privilegierten Gruppen genannt. Wählen Sie einige Beispiele, um das zu veranschaulichen.
Einzelarbeit (5–10 Minuten):
Teilen Sie allen TN eine Kopie der „Power Flower“ aus. Bitten Sie die TN, bei jeder Kategorie entweder das innere oder das äußere Blütenblatt zu markieren, je nachdem, wo sie sich zugehörig fühlen. Wenn sie sich keinem der beiden Blütenblätter zuordnen können, ist das Hinzufügen eines dritten Blütenblattes erlaubt. Je nach Bedarf können noch weitere Kategorien ergänzt werden (z. B. Beschäftigungssituation: mit Arbeit – erwerbslos). Grundsätzlich ist die Entscheidung, welches Blütenblatt markiert wird, der Selbsteinschätzung der Teilnehmenden überlassen. Sie sollten unbedingt darauf hinweisen, dass im Anschluss die Power Flower bei den jeweiligen Teilnehmenden verbleibt und nicht öffentlich gezeigt werden muss.
Auswertung im Plenum:
Die Diskussion sollte beinhalten, dass es wichtig ist, die eigene Positionierung zu kennen, wenn wir uns mit Unterdrückungsstrukturen auseinandersetzen. Das Bewusstmachen und der Austausch über unterschiedliche Positionierungen ermöglicht es, Empathie für andere zu entwickeln und verantwortungsvoll zu handeln. Es geht nicht darum, Schuldgefühle wegen „angeborener“ Privilegien zu provozieren, sondern zu einem bewussten Umgang mit den eigenen Möglichkeiten zu ermutigen, sowie dazu aufzurufen, Macht auch positiv zu deuten und für Gerechtigkeit einzusetzen. Es sollte nach Möglichkeiten gesucht werden, wie Machtasymmetrien aktiv entgegengewirkt werden kann.
Mögliche Fragen für den Austausch im Plenum:
- Wie ist es Ihnen mit der Übung ergangen?
- Welche Zuordnung ist Ihnen schwergefallen, welche nicht? Warum?
- Bei welchen Zugehörigkeiten/Blütenblättern waren Sie sich besonders unsicher? Warum?
- Wie fühlt es sich an, in der inneren bzw. der äußeren Gruppe zu sein?
- Stimmt Ihr Gefühl mit der Einteilung der „Power Flower“ in „privilegiert“ und „nicht-privilegiert“ überein?
- Fühlen Sie sich genauso (nicht)privilegiert, wie in der „Power Flower“ aufgezeigt?
Zu den Bedeutungen von Zugehörigkeiten:
- Gibt es Situationen, Kontexte oder Gruppen, in denen sich die Verhältnisse verschieben, in denen eine Privilegierung zur Diskriminierung wird oder umgekehrt?
- Bedeuten Ihnen die Zugehörigkeiten alle gleich viel, sind Ihnen diese immer bewusst? (Unterschiedliche subjektive Bedeutung von Zugehörigkeiten)
- Haben die Zugehörigkeiten in der Gesellschaft alle das gleiche Gewicht? (Unterschiedliche gesellschaftliche Bedeutung von Zugehörigkeiten). An dieser Stelle sollten Sie darauf hinweisen, dass die Bedeutung, die einer Differenzierungskategorie sowohl subjektiv als auch gesellschaftlich zugewiesen wird, davon abhängt, inwiefern diese Kategorie mit gesamtgesellschaftlich vorherrschenden Zuschreibungen besetzt und mit institutionalisierten Konsequenzen verknüpft ist. Manche Formen von Diskriminierung haben eine lange, gewaltvolle Geschichte der Unterdrückung, wodurch ihre Wirkungskraft verstärkt wird (z. B.: Rassismus/Kolonialismus: Die historischen Wurzeln des heutigen Nord-Süd-Verhältnisses sind im Zusammenhang mit dem System von Sklaverei und materieller Ausbeutung zu sehen).
Zu Eigenschaften von Zugehörigkeiten:
- Ist die Zugehörigkeit zu den Kategorien in den Blütenblättern Ihre eigene, freiwillige Entscheidung oder wurde diese Zugehörigkeit von „außen“ zugewiesen? Welche Konsequenzen hat dies?
- Ist die Zugehörigkeit zu den Blütenblättern veränderbar? Können privilegierte/nicht-privilegierte Zugehörigkeiten andere Zugehörigkeiten nach sich ziehen?
Zu Umgangsweisen in und mit Machtverhältnissen:
- Wie und wann können wir auch in marginalisierten Positionen machtvoll sein? Wie geht es Ihnen mit Ihrer Macht bzw. Ohnmacht und was können wir jetzt mit dieser Analyse machen?
- Wie können Sie ihre Macht positiv nutzen? Wie können Sie sie nutzen, um die Machtungleichheitsverhältnisse zu verändern? Es ist wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass Macht nicht nur etwas Negatives, „Bösartiges“ ist, sondern auch Möglichkeiten und Ressourcen beinhaltet. Macht kann auch konstruktiv eingesetzt werden, beispielsweise in Form von Empowerment und Powersharing.
Hinweise/ Was ist zu beachten? Wenn sich die TN selbst zuordnen sollen, bemerken sie häufig kritisch, dass sie nicht in das dualistische Schema der „Power Flower“ hineinpassen. Lassen Sie dieser Erkenntnis und Kritik Raum.
Variationen der Methode:
- Je nach Zielgruppe können weitere Differenzierungskategorien von Bedeutung sein. Diese können gegebenenfalls mit den bereits im Arbeitsblatt festgehaltenen ausgetauscht werden. Mögliche Kategorien sind: Aussehen: der Norm/dem Schönheitsideal entsprechend – nicht der Norm/nicht dem Schönheitsideal entsprechend Beschäftigungssituation: arbeitend – arbeitslos Wohnsituation: ausreichend Wohnraum – beengter Wohnraum, gute Wohngegend – sozialer Brennpunkt Ausbildung: fertig ausgebildet – noch in Ausbildung usw.
- Es kann eine oder mehrere Kategorien leer gelassen werden, sodass die Teilnehmenden die Möglichkeit bekommen, eine weitere Differenzierungskategorie, die für sie von Bedeutung ist, selbst einzutragen und dabei auch zu reflektieren, welcher Pol in dieser Differenzierungskategorie tendenziell privilegiert und welcher marginalisiert ist.
- Nur die Differenzierungskategorien (im inneren Kreis) werden vorgegeben, alle Blütenblätter werden leer gelassen. Auf diese Weise sind die Teilnehmenden aufgefordert, sich selbst Gedanken darüber zu machen, welche Gruppen in der Gesellschaft privilegiert und welche deprivilegiert sind.
Schlagworte: Anti-Bias, Mehrfachzugehörigkeit
PDF-Download (Methodenbeschreibung und Arbeitsblätter):
1) „Power Flower“ Europahaus Aurich / Anti-Bias-Werkstatt (Hrsg.): Power Flower (Übung); aus: CD-ROM Methodenbox: Demokratie-Lernen und Anti-Bias-Arbeit. Aurich. 2007.
Download (vergriffen)
2) Weiterentwicklung der Ausgangsversion durch Friederike Jonah Reher (www.bildung-und-beratung-reher.de):
Zitationsvorschlag: Reher, Friederike Jonah (2024): Power Flower, URL: ressources.portal-intersektionalitaet.de/Reher_Friederike_Jonah_2024_Power_Flower_barrierearm_aufbereitet_2025.pdf, Zugriff: DATUM
Einstellungsdatum: 27.03.2012 durch Dissens – Institut für Bildung und Forschung e. V. / Aktualisiert am 19.10.2023 durch Friederike Jonah Reher
Dieses Werk steht unter einer Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz
