Video-Dokumentationen
Projektexperiment 'Interdependenz und Hypertext' (Reher/Walgenbach)
Im Projektexperiment wurde ein Hypertextmodell entwickelt, das die 'begriffliche Vernetzungen' des Textes 'Weiße Identität und Geschlecht' (Walgenbach 2006) in Form eines interaktiven 3-D-Graphs darstellt. Auf diese Weise können Wechselbeziehungen zwischen einzelnen inhaltlichen Elementen bzw. bestimmter Theoriegebäude zueinander verdeutlicht und visuell abgebildet werden.
Das Hypertextmodell fußt in seiner Konzeptionalisierung dabei auch auf Ergebnissen des Projektseminars 'Intersektionalität und Hypertext', dass im Wintersemester 2011/12 an der Bergischen Universität Wuppertal durchgeführt wurde.
In dem Artikel 'Weiße Identität und Geschlecht' (Walgenbach 2006) werden anhand der kolonialrassistischen Figur des 'verkafferten Kolonisators' die Wechselbeziehungen von 'Rasse', Klasse und Geschlecht beleuchtet. Die hier präsentierten Blickwinkel basieren zudem auf einer historischen Studie über Weiße Identität, Geschlecht und Klasse in den deutschen Kolonien (Walgenbach 2005). Für das Projektexperiment 'Interdependenzen und Hypertext' wurde demgemäß eine Netzwerkstruktur erstellt, die auf der Grundlage des Artikels 'Weiße Identität und Geschlecht' (Walgenbach 2006) fußt, jedoch hinzukommend auch verweist auf die Monographie 'Die weiße Frau als Trägerin deutscher Kultur. Koloniale Diskurse über Geschlecht, >Rasse< und Klasse im Kaiserreich' (Walgenbach 2005). So finden auch die theoretischen Ausführungen der Monographie in weiten Teilen Berücksichtigung in der Hypertextstruktur des Experiments. Desweiteren wurde ergänzend auch auf andere Quellen Bezug genommen.
Intersektionalität verweist stets auf die vernetzenden Aspekte bei der Produktion von sozialer Wirklichkeit. Indem auch Aspekte, die über die Studie von Katharina Walgenbach (2005 sowie 2006) hinausweisen, in der Hypertextstruktur des Projektes angegeben werden, wird angedeutet, dass wissensschaffende Prozesse stets in netzwerkenden Denkbewegungen produziert werden und auf unterschiedliche Theorietraditionen verweisen.
Im Brennpunkt des Interesses stand, wie die Mehrdimensionalität intersektionaler Betrachtungen durch Hypertextstrukturen gewinnbringend dargestellt werden kann. Auch die möglichen Problemfelder einer hypertextuellen Umsetzung wurden bei der Umsetzung reflektiert. Eines der Kernanliegen war es, Hierarchisierungen - die durch Erstnennungen oder Zweitnennungen im konventionellen, linearen Textverlauf entstehen - durch Hypertextualität zu begegnen (=> Problem: Gewichtung der Kategorien).
Dementsprechend wurde ein Zufallsgenerator auf der Eingangseite des Graphens installiert, durch den die Aufzählung unterschiedlicher sozialer Kategorien bei Aufruf der Seite stets in neuer Reihenfolge angezeigt wird. Mit diesem technischen Kunstgriff wurde Linearität und Statik mit der Dynamik und Unvorhersehbarkeit des Zufallsprinzips begegnet und damit sprachliche Hierarchisierung angegriffen. Kritisch einzugestehen sind daneben die Beschränkungen, die beim Versuch, sprachlichen Hierarchisierungen zu begegnen, gesetzt werden mussten: So konnte nur eine gewisse Anzahl sozialer Kategorien thematisiert werden. Dies ist nicht dem expliziten Wunsch, sondern den Bedingungen eines ressourcenbewussten Projektdesigns geschuldet.
Aus der Zusammenführung der Texte zu einer erweiterten Umschau ergeben sich zudem neue Herausforderungen: um der Leser_innenorientierung Rechnung zu tragen, wurden unterschiedliche Bereiche gebildet. So werden die Ebenen 'Einführungstext', 'Studie', 'Forschungsstand', 'historischer Hintergrund', 'Glossar', 'Literaturverzeichnis', und 'Informationen' (farblich) unterschieden, verweisen in ihrer Verwobenheit jedoch aufgrund der Verlinkung weiterhin aufeinander. Mit Hilfe einer Historie kann die_der Leser_in zudem ihren Lesefluss nachvollziehen und dabei selbstbestimmt Vernetzungswege gehen. Komplexitätsbedürfnisse fallen sowohl auf der inhaltlichen Ebene als auch auf der visuellen von Leser_in zu Leser_in different aus. Aus diesem Grund wird mit einer Detaillevel-Navigation die Möglichkeit geboten, sich auf differenten Komplexitätsebenen - unterschieden nach Vernetzungsnähe zwischen dem aufgerufenen und anderen Textbausteinen - zu bewegen.
Die unterschiedlichen technischen Kunstgriffe sollen daneben zu weiteren Projekten inspirieren, mit denen das Paradigma Intersektionalität in digitalen Umgebungen dargestellt wird.
Danken möchten wir den Studierenden des Projektseminars 'Interdependenzen und Hypertext', die uns mit ihren Gedanken und Anregungen wichtige Hinweise für die Gestaltung des Projektexperimentes boten.